Donnerstag, 15. September 2022: Toscana 90er Jahre

Getrunkene Weine:

2016 Riesling Buntsandstein Kabinett trocken, Theodorus (Deutschland, Pfalz): Steinobst, aber auch zitrische Noten, knackig, mit leicht stechender Säure, salziges mittellanges Finale.

1995 Trebianco, Castello dei Rampolla: Die Frische dieses Rampolla ist zwar „schon“ leicht ramponiert, aber wer Mostbirnen, Pilze und Honig liebt, liegt hier richtig.

1999 Siepi, Castello di Fonterutoli: K O R K! Absolut untrinkbar.

1990 Riserva Brunello di Montalcino Castelgiocondo, Frescobaldi: Die Magie von Maggi taucht auch hier wieder mal auf, dazu Pflaumenkonfitüre und Süssholz. Die Altersnoten überwiegen an der Luft von Minute zu Minute.

1998 Lupicaia, Castello del Terriccio: Leichter Kork oder zumindest keine saubere Flasche – Chlor, Medizin, Kellermuff.

1996 Lupicaia, Castello del Terriccio: Zedernholz, Zellenmuff, Zelgligarderobe nach einem gut frequentierten Mittwochnachmittag, Leder und mit viel Fantasie noch ein paar rote Beerenschwaden. Dann versiegt der Duftstrom – und wir schreiten weiter zu den nächsten 96ern…

1996 Solengo, Argiano: Brombeeren, „warm“, Lakritz, schön gereift.

1996 Brunello di Montalcino Castelgiocondo, Frescobaldi: Würziger Brunello mit feinen Zimtnoten, Muskatnuss, Zwetschgen, kandierten Früchten. Über dem Zenith, aber noch mit Freuden zu trinken.

1997 Poggio Valente Morellino di Scansano, le Pupille: Leicht medizinal, Kampfer, Fruchtkompott, weisser Pfeffer, Leder. Noch erstaunlich gut im Saft.

1997 Summus, Castello Banfi: Üppig ausser dem gottlob nur leichten Furzdüftli, Minze, Gewürznelke, Tabak. Weicher, mittellanger Abgang.

1996 Guado al Tasso, Antinori: Wunderschöne dunkle Frucht, getrocknete Blätter, Kaffee, sehr harmonisch und richtig lässig – ein Hochgenuss!

1990 Fontalloro, Fèlsina Berardenga: Fleischig und kompakt – niemand gäbe ihm dieses Alter! Würzig, mit süsslicher Beerenfrucht, nur die Säure sticht vielleicht ein Mü zu deftig hervor. Der Abgang ist lang und wir glücklich!

1993 L’Apparita, Castello di Ama: Brotkruste, Blutorange, Thymian, Lakritz, Wacholder, Brennessel. Harmonisch durch und durch, mit sehr gut integrierter Säure, vielschichtig und lang – was will man mehr?!

1995 Chateau Musar, Gaston Hochar (Libanon): Der Libanon-Knaller zum Schluss! Nur leicht animalisch, ein eleganter Musar, anfangs mit Leimnoten, die sich irgendwann auflösen oder irgendwo klebenbleiben, Blutorangen, spanische Nüssli, süsser Schmelz – das war vielleicht ein geiler Schlummi zum Schluss – gute Idee, Roman und vielen Dank allen, die zu diesem abwechslungsreichen Abend beigetragen haben – grazie a tutti!

Donnerstag, 8. September 2022: Médoc 90er Jahre

Getrunkene Weine:

2015 Chassagne-Montrachet Les Vergers Premier Cru, Philippe Colin: Zwar aus dem Burgund und auch kein Riesling – doch nach einem ersten Schnuppern im Glas haben wir bereits vergeben! Zitrus, Mandarinli, Honig, ganz wenig Streichholz – ein richtig üppigfeinergeiler Burgunderweisser! Können die roten Bordeauxindianer sowas auch bieten?

1994 Château Clerc Milon: Etwas Brotrinde, etwas Kaffee, leider viel Grün. Ein Hauch Minze reicht nicht aus: die Stimmung bleibt im Keller, der Wein nicht im Glas. Next please.

1999 Château Poujeaux: Sicher nicht der prächtigste Poujeaux ever, aber seine schwarzen Schokoladennoten inklusive Lakritz und dezentem Rosssattel machen ihn vorübergehend zum Matchwinner!

1997 Château Belgrave: Viel Animalik, durchmischt mit Colafröschli und Peperoni und sogar noch feiner dunkler Beerenfrucht – Hoppla Schorsch, darauf hätte wohl niemand gewettet, dass ein 97er Belgrave noch oder überhaupt so schön rüberkommt!

1997 Carruades de Lafite: Immer noch schöne Fruchtnoten, dazu eine Mischung zwischen noblem Leder und oft gebrauchtem Rosssattel, Efeu, Erdtöne. Der Abgang ist anständig lang und wird von Gewürznoten begleitet.

1997 Château Léoville Las Cases: Oh, dieser Wein war jahrelang sowas von introvertiert, doch jetzt im gesetzten Alter taut er so richtig auf! Schwarze Beerenfrucht, Graphit, feine getrocknete Kräuter, schwarze Schokolade, lang. Schön!

1999 Château Gruaud Larose: Die typische Gruaud Larose-Stallnase! Einige reden von Schweinestall, man könnte es auch etwas vornehmer mit würziger Landluft umschreiben. So oder so: bei der rotbeerigen Frucht sind wir uns sicher, beim Leder sowieso, und auch die Pilzli sind nicht zu überriechen. Ein maskuliner Wein – diejenigen, die bei Wein nach mehr Dreck lechzen: beim Gruaud Larose haben sie ihn. Auf die positive Art natürlich!

1989 Château Ducru-Beaucaillou: So froh, beginnen die 90er schon 1989 😉… Der Unterschied von diesem sonnenverwöhnten Superjahr zu den doch eher schwierigen 90er Jahren ist extrem: Fast schon Neue Welt, so plüschigsexycremigfein ist dieser Wein! Süssholz, Tabak und spanische Nüssli spielen auch noch mit – wir strahlen, sind happy und stossen auf die formidablen 90er Jahre an!

1999 Château La Tour Blanche: Lindenblüten, etwas Nagellack, gedörrte Aprikosen, Akazienhonig, Cayenne-Pfeffer, wenig Safran. Zimt und etwas Dosenpfirsich, dann ist Schluss und wir gehen ins Körbchen – oder doch nicht? Da steht ja noch ein Fläschchen…

2015 Château Doisy-Daëne: Recht dickflüssig, viel Zitrus, floral, Gebäck. Cremig und breit. Lecker! Im leeren Glas riecht’s plötzlich nach Schinkengipfeli. Bevor auch noch Geister auftauchen, heisst’s aufbrechen und davonsausen. Ein wunderschöner, entspannter, lässiger Abend! Meh Bordo please! Wieder einführen! 1x im Monat MUSS Bordeaux-Time sein!

Donnerstag, 1. September 2022: Südtirol

Es gibt tolle Namen mit grossen Weinen im Südtirol, wie wir aus eigener Erfahrung kennen.

Getrunkene Weine:

2019 Pinot Bianco Berg, Schreckblichl Colterenzio: Feiner Duft nach Birne und Melonenschnitz. Würzig, schmelzige Textur, ganz leichte Bitterkeit im langen Finale.

2007 Pinot Bianco Sanct Valentin Wine Collection, St-Michael Eppan: Über zehn Jahre Flaschenreife, 2021 neu verkorkt und erst dann herausgegeben. Feinwürzig, anfangs leicht schwefelig, Birnen, Butter, schön gereift.

2018 Lafoa Gewürztraminer, Schreckbichl Colterenzio: Lindenblüten, Schwarztee, Rosenstrauss, Aprikosen. Üppig duftend – wie ein Parfum aus den 60ern. Der hohe Alkohol ist nicht perfekt eingebunden.

1991 Chardonnay, Kellerei Terlan: Erst im Jahr 2000 in Flaschen abgefüllt. Bratäpfel, starke Oxidationsnoten. Nussig, Apfel im Schlafrock. Gewinnt an der Luft und wird besser und besser!

2016 Löwengang Chardonnay, Alois Lageder: Bienenwachs, Marzipan, Honig, Sternfrucht, Pink Grapefruit. Im langen Abgang eine mineralische Frische. Gute Säure.

2015 LR Bianco Riserva, Schreckbichl Colterenzio: LR sind die Initialen von Luis Reifer, dem langjährigen Geschäftsführer von Schreckbichl Colterenzio. Zitrusfrucht, Rauch, Vanille, Nidelzältli, Drachenfrucht. Cremige Textur, fein mineralische Noten im sehr langen Finale.

2014 Appius, St-Michael Eppan: Was für ein Wahnsinns-Weisswein-Lineup! Sowas hatten wir bei Weissweinen wahrscheinlich noch nie im Weinclub! Butter, etwas Büchsenmais, opulent, Steinobst, Süssgebäck. Ein Gaumenschmeichler, ölig, weich, lang.

2018 Rubatsch Lagrein, Manincor: Sehr würzig, minzig, Karamell, Veilchen, Brombeeren und Cassis. Die Säure ist recht markant, der Abgang mittellang.

2018 Lagrein Riserva Abtei Muri, Muri-Gries: Kaffee, fein würzig, dunkle Beeren, Lakritz, Minze, Bleistiftspitze. Recht mineralisch am Gaumen, stoffig, gute Länge.

2010 Lamarein, Josephus Mayr Erbhof Unterganzner: Das Holz ist geblieben, die Frucht ist (fast) weg. Auszehrend, mit brachialer Säure – hoffentlich nur eine schlechte Flasche…

2010 Passito Serenade, Cantina Kaltern: Kandiszucker, Schwarztee, Hustensirup, Rosenblätter, erstaunliche Säure.