Donnerstag, 8. September 2022: Médoc 90er Jahre

Getrunkene Weine:

2015 Chassagne-Montrachet Les Vergers Premier Cru, Philippe Colin: Zwar aus dem Burgund und auch kein Riesling – doch nach einem ersten Schnuppern im Glas haben wir bereits vergeben! Zitrus, Mandarinli, Honig, ganz wenig Streichholz – ein richtig üppigfeinergeiler Burgunderweisser! Können die roten Bordeauxindianer sowas auch bieten?

1994 Château Clerc Milon: Etwas Brotrinde, etwas Kaffee, leider viel Grün. Ein Hauch Minze reicht nicht aus: die Stimmung bleibt im Keller, der Wein nicht im Glas. Next please.

1999 Château Poujeaux: Sicher nicht der prächtigste Poujeaux ever, aber seine schwarzen Schokoladennoten inklusive Lakritz und dezentem Rosssattel machen ihn vorübergehend zum Matchwinner!

1997 Château Belgrave: Viel Animalik, durchmischt mit Colafröschli und Peperoni und sogar noch feiner dunkler Beerenfrucht – Hoppla Schorsch, darauf hätte wohl niemand gewettet, dass ein 97er Belgrave noch oder überhaupt so schön rüberkommt!

1997 Carruades de Lafite: Immer noch schöne Fruchtnoten, dazu eine Mischung zwischen noblem Leder und oft gebrauchtem Rosssattel, Efeu, Erdtöne. Der Abgang ist anständig lang und wird von Gewürznoten begleitet.

1997 Château Léoville Las Cases: Oh, dieser Wein war jahrelang sowas von introvertiert, doch jetzt im gesetzten Alter taut er so richtig auf! Schwarze Beerenfrucht, Graphit, feine getrocknete Kräuter, schwarze Schokolade, lang. Schön!

1999 Château Gruaud Larose: Die typische Gruaud Larose-Stallnase! Einige reden von Schweinestall, man könnte es auch etwas vornehmer mit würziger Landluft umschreiben. So oder so: bei der rotbeerigen Frucht sind wir uns sicher, beim Leder sowieso, und auch die Pilzli sind nicht zu überriechen. Ein maskuliner Wein – diejenigen, die bei Wein nach mehr Dreck lechzen: beim Gruaud Larose haben sie ihn. Auf die positive Art natürlich!

1989 Château Ducru-Beaucaillou: So froh, beginnen die 90er schon 1989 😉… Der Unterschied von diesem sonnenverwöhnten Superjahr zu den doch eher schwierigen 90er Jahren ist extrem: Fast schon Neue Welt, so plüschigsexycremigfein ist dieser Wein! Süssholz, Tabak und spanische Nüssli spielen auch noch mit – wir strahlen, sind happy und stossen auf die formidablen 90er Jahre an!

1999 Château La Tour Blanche: Lindenblüten, etwas Nagellack, gedörrte Aprikosen, Akazienhonig, Cayenne-Pfeffer, wenig Safran. Zimt und etwas Dosenpfirsich, dann ist Schluss und wir gehen ins Körbchen – oder doch nicht? Da steht ja noch ein Fläschchen…

2015 Château Doisy-Daëne: Recht dickflüssig, viel Zitrus, floral, Gebäck. Cremig und breit. Lecker! Im leeren Glas riecht’s plötzlich nach Schinkengipfeli. Bevor auch noch Geister auftauchen, heisst’s aufbrechen und davonsausen. Ein wunderschöner, entspannter, lässiger Abend! Meh Bordo please! Wieder einführen! 1x im Monat MUSS Bordeaux-Time sein!